Das Deutsche Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Diätetik warnt vor dem unkontrollierten Fasten
[Köln – 16. Februar 2010] Nicht ärztlich überwachtes Fasten kann zu massiven Gesundheitsstörungen führen, warnt heute das Deutsche Kompetenzzentrum Gesundheitsförderung und Diätetik (DKGD) e.V. Dem Körper lebenswichtige Substanzen vorzuenthalten, wie es beim Fasten und Heilfasten üblich ist, schädigt den gesamten Organismus, und das darf nicht verharmlost werden, kommentiert der erste Vorsitzende des DKGD. Am 17. Februar beginnt die diesjährige Fastenzeit und damit auch die Hochzeit des Heil- und Saftfastens, das im Gegensatz zum religiösen Fasten mit Vorsicht zu genießen ist, warnt Medizinjournalist Sven-David Müller. Hungern, Fasten, Nulldiät oder Heilfasten schädigen den Organismus. Das ist insbesondere auf den Proteinmangel zurückzuführen, den der menschliche Körper durch den Abbau von Muskelprotein auszugleichen versucht. Dabei greift er auch den Herzmuskel an, und das kann im schlimmsten Fall sogar tödlich enden. Vor diesem Hintergrund ist Fasten nur etwas für gesunde Menschen, die sich während der Fastenphase ärztlich überwachen lassen. Aber beim Fasten geht es nicht nur um Proteinmangel, sondern auch um eine Verarmung an lebenswichtigen Mineralstoffen (Mengen- und Spurenelemente) sowie fett- und wasserlöslichen Vitaminen. Die Vitamin- und Mineralstoffzufuhr in Deutschland ist schon außerhalb der Fastenzeit nicht optimal, und durch das Fasten wird der Mangel noch weiter gefördert, so Müller.
Fastendiäten sind Hokuspokus
Leider führt das proteinarme bis proteinfreie Fasten auch zum Abbau vieler Muskeln, und das senkt den Ruhe-Nüchtern-Energieumsatz. Umgangssprachlich ausgedrückt heißt das, dass Fasten zum Jojo-Effekt führt und damit, dauerhaft betrachtet, dick macht. Überhaupt ist Fasten nicht geeignet, dem Übergewichtsproblem in Deutschland wirkungsvoll zu begegnen. Dafür brauchen Übergewichtige ein langfristig ausgerichtetes, interdisziplinäres Programm und keine Kurzzeit-Crashkur wie das Fasten. Fasten, Heilfasten und Saftfasten gehören als Ernährungsformen in die Gruppe der Außenseiterdiäten, die alle medizinischen Fachgesellschaften wie die Deutsche Adipositas Gesellschaft oder die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als unwissenschaftlich und teilweise gesundheitsschädlich ablehnen. Für viele Ernährungsmediziner, Diätassistenten und Ernährungswissenschaftler gehört das Fasten zur „Hokuspokusmedizin“.
Fasten kann gefährlich sein
Aber Mediziner, Verbände und Kliniken, die Geld mit Fasten verdienen, verteidigen das Fasten als sinnvolle Maßnahme. Vor dem Hintergrund der menschlichen Physiologie ist das nicht verständlich, denn ohne Protein und Nahrungsinhaltsstoffe kann der Mensch nicht überleben und nicht gesund bleiben. Die medizinische Fachliteratur beschreibt die Risiken einer Fastenkur dramatisch: Gichtanfälle, Übersäuerung (Ketoacidose), Nierenkoliken, Kreislaufschwäche, Blutdruckabfall, psychische Krisen, Konzentrationsstörungen, Kälteempfinden, Kopfschmerzen, unangenehmer Körper- und Mundgeruch, Haarausfall und viele weitere teils gefährliche, teils harmlose aber unangenehme Beschwerden und Krankheiten. Fasten stellt für den menschlichen Organismus eine Gefahr dar, und diese beantwortet er mit Stress und Stresshormonen. Entspannung kann Fasten für den Organismus nicht bedeuten, klärt Müller vom DKGD auf.
Viele Menschen dürfen nicht fasten
Für die meisten Menschen ist Fasten gefährlich und sie dürfen ihren Körper dieser Außenseiterdiät nicht aussetzen. Fasten ist verboten für Menschen, die unter Auszehrung oder Unterernährung leiden, die herz-, leber- oder nierenkrank sind oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Hyperurikämie haben. Auch Rekonvaleszente, Senioren, Krebspatienten und psychisch Kranke wie Essgestörte dürfen nicht fasten. Grundsätzlich sollten chronisch Kranke ihren Arzt befragen, bevor sie eine Fastenkur einleiten, wobei das Wort „Kur“ etwas suggeriert, was Fasten nicht bieten kann, nämlich eine medizinische Vorsorgeleistung.
Mythos Entschlacken
Viele Menschen möchten fasten, um zu entschlacken, und oft sprechen „Fasten -Experten“ im Zusammenhang mit Fasten auch von einer Entschlackungskur. Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft gibt es jedoch keine Schlacken im menschlichen Körper. Die aus Nahrungsbestandteilen entstehenden Abbauprodukte werden über Niere, Leber und Haut ausgeschieden und sammeln sich nirgendwo im Körper in Form von toxischen Endprodukten an. Wenn es keine Schlacken im Menschen gibt, ist demzufolge eine Entschlackung ausgeschlossen, so Diätexperte Müller. Über den Mythos „Fasten“ klärt Sven-David Müller in seinen Büchern „Moderne Ernährungsmärchen“, „Die dicksten Diätlügen“ sowie „Gesundheitsrisiko Heilfasten“ auf.
Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise für positive Effekte des Fastens
Jeder Medizinstudent kann in den Physiologie-Vorlesungen hören, dass eine nicht ausreichende Energie- und Proteinzufuhr für den Organismus schädlich ist. Ernstzunehmende wissenschaftliche Publikationen, die die propagierten Vorteile des Fastens untermauern, gibt es nicht. Um den Mangel an wissenschaftlichen Fakten auszugleichen, ziehen Fastenbefürworter sogar den Stoffwechsel von Königspinguinen oder Veröffentlichungen in Publikumszeitschriften als Beweis für die Wertigkeit des Fastens heran. Der esoterische Dogmatismus und der Fasten-Fanatismus treiben viele merkwürdige Blüten. Fasten ist gut, weil Fasten gut ist – aber das ist keine Erklärung, sondern das Eingeständnis von Unwissenschaftlichkeit der Fasten-Lobby.
Diäten nur unter Eiweißzufuhr
Fasten ist nicht zur Gewichtsreduktion geeignet. Wissenschaftlich begründet und Bestandteil der evidenzbasierten Leitlinie der Deutschen Adipositas Gesellschaft ist das proteinmodifizierte Fasten und der so genannte Mahlzeitenersatz mit Formuladiäten. Diese Methoden sind zur Behandlung von Adipositas sinnvoll. Für diese Methoden der Gewichtsreduktion gibt es höchste wissenschaftliche Anerkennung, die auf großen, in anerkannten Fachzeitschriften publizierten Studien beruht.
Gesunde Ernährung ist sinnvoller als Fasten
Gegen religiöses Fasten ist aus medizinischer Sicht in den meisten Fällen nichts einzuwenden, da es in der Regel nicht mit praktisch vollständigem Nahrungsverzicht einhergeht. Aber Besinnung ist natürlich auch ohne Fasten möglich. Autogenes Training ist für den Organismus gesünder als Aushungern. In den Leitlinien oder Stellungnahmen von medizinischen Fachgesellschaften wird Fasten nicht empfohlen oder völlig abgelehnt. Lediglich vollständig gesunde Menschen, die keine körperlichen oder seelischen Leiden aufweisen, dürften also fasten. Aber aus welchem Grund sollten sie hungern, dem Organismus bewusst lebenswichtige Nahrungsinhaltsstoffe vorenthalten oder den Abbau von Muskeln einleiten? Viel sinnvoller ist es, stattdessen in der Fastenzeit seine Ernährungsweise zu hinterfragen, also durchaus mal über „carne vale“ (lat. „Fleisch lebe wohl“) nachzudenken. Denn wer nur ab und zu mageres Fleisch genießt, viel Gemüse und Frischobst isst, seinen Alkohol- und Zuckerkonsum verringert und sich viel bewegt und entspannt durchs Leben geht, braucht nicht mit riskanten Fasten-Experimenten seine Gesundheit und Figur zu ruinieren, so Medizinjournalist Müller abschließend. Das Deutsche Kompetenzzentrum setzt sich für die ganzheitliche, wissenschaftliche Gesundheitsförderung ein. Dabei sind interdisziplinär angelegte Programme wichtig.
Das Online-Gewichtsreduktionsprogramm des DKGD unter www.my-slimcoach.de
Buchtipp: Gesundheitsrisiko Heilfasten – das Buch von Sven-David Müller ist im Verlag Schlütersche erschienen und zeigt die Risiken des Fastens und Heilfastens auf.
Redaktion: Sven-David Müller (Medizinjournalist)
Korrektorat: Mareike Carlitscheck